Dispersion
Dies ist Abschnitt 8.8 des Leitfadens für Laseroptiken.
Die Abhängigkeit der Phasengeschwindigkeit oder Phasenverzögerung bei der Lichtübertragung durch ein optisches Medium von einem anderen Parameter als der optischen Frequenz oder Wellenlänge wird Dispersion genannt. Im Substrat einer Optik können verschiedenartige Dispersionseffekte auftreten: chromatische Dispersion (Abbildung 1), Modendispersion und Polarisationsmodendispersion.1
Abbildung 1: Brechungsindex von UV-Quarzglas als Funktion der Wellenlänge.
Chromatische Dispersion
Beim Brechungsindex handelt es sich um das Verhältnis der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum und der Phasengeschwindigkeit einer Lichtwelle durch ein Medium, z. B. Luft oder Glas. In Pulslaseranwendungen wird Licht häufig durch die Frequenz beschrieben, da die Zeit im Allgemeinen kritischer und die Frequenz des Lichts ein fester Wert ist, während die Wellenlänge vom Brechungsindex des Übertragungsmediums abhängt. Die Wellenlänge $ \small{\left( \lambda \right)} $ hängt wie folgt von der Winkelfrequenz $ \small{\left( \omega \right)} $, dem Brechungsindex $ \small{\left( n \right)} $ und der Lichtgeschwindigkeit $ \small{\left( c \right)} $ ab:
Der Brechungsindex eines Materials wird oftmals mit der Sellmeier-Formel und den Materialkonstanten $\small{B_1}$, $\small{B_2}$, $\small{B_3}$, $\small{C_1}$, $\small{C_2}$, und $\small{C_3}$ beschrieben:
Bei der chromatischen Dispersion handelt es sich um eine Abhängigkeit der Phasengeschwindigkeit $\small{\nu _{p}}$ des Lichts in einem Medium von der Wellenlänge, die größtenteils durch die Wechselwirkung von Licht mit den Elektronen des Mediums entsteht. Die chromatische Dispersion wird durch die Abbe-Zahl (Abbildung 2), die dem Kehrwert der ersten partiellen Ableitung des Brechungsindex nach $ \small{\lambda} $ entspricht, und der partiellen Dispersion beschrieben, die der zweiten Ableitung des Brechungsindex nach der Wellenlänge entspricht.
Abbildung 2: Abbe-Diagramm, das den Brechungsindex gebräuchlicher Glastypen abhängig von der jeweiligen Abbe-Zahl darstellt. Die Definition des thermischen Ausdehnungskoeffizienten (CTE) finden Sie im Anwendungshinweis Thermische Eigenschaften optischer Substrate.
Die Abbe-Zahl ist wie folgt definiert:
Dabei sind $\small{n_D} $, $\small{n_F} $ und $\small{n_C} $ die Brechungsindizes des Substrats bei den Fraunhofer-Spektrallinien D $ \small{\left( 589, \!3 \text{nm} \right)} $, F $ \small{\left( 486, \!1 \text{nm} \right)} $ und C $ \small{\left( 656, \! 3 \text{nm} \right)} $. Die Abbe-Zahl eines Materials bei einer Wellenlänge kann auch über die Ableitung des Brechungsindex nach der Wellenlänge beschrieben werden:
In Laseranwendungen ist hauptsächlich von Bedeutung, wie die Dispersion die Eigenschaften eines Laserpulses beeinflusst, der das Medium durchläuft, was durch die Gruppengeschwindigkeit beschrieben wird (die Änderung der Phasengeschwindigkeit des Lichts in einem Medium relativ zur Wellenzahl):
Die Wellenzahl $ \small{\left( k \right)} $ ist $ \tfrac{2 \pi}{\lambda} $ und wird bisweilen auch als spektrale Phase bezeichnet. Wenn mehrere Lichtwellenlängen durch ein Material übertragen werden, sind längere Wellenlängen (niedrigere Frequenzen) in der Regel schneller als kürzere Wellenlängen (höhere Frequenzen), weil die Gruppengeschwindigkeit von der Wellenlänge abhängt.2 Dies führt zu einer spektralen Spreizung der Wellenfrontphase – ähnlich der Zerlegung von Licht in die einzelnen Farbbestandteile durch ein Prisma. Die Gruppengeschwindigkeit ist definiert als erste Ableitung der Phasengeschwindigkeit in Bezug auf die Frequenz. Die Gruppengeschwindigkeitsdispersion $ \small{\left( \text{GVD} \right)} $ ist entsprechend als Ableitung der inversen Gruppengeschwindigkeit nach der Frequenz definiert:
Die Gruppengeschwindigkeit ähnelt der spektralen Dispersion, da beide der ersten Ableitung des Brechungsindex nach der Wellenlänge bzw. Frequenz entsprechen. Genauso ähnelt die Gruppengeschwindigkeitsdispersion der partiellen Dispersion, da beide zweite Ableitungen nach Wellenlänge bzw. Frequenz sind. Die Minimierung der Gruppengeschwindigkeitsdispersion in einem optischen Design weist Ähnlichkeit mit der Minimierung der chromatischen Brennpunktverschiebung auf. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Gruppengeschwindigkeit sowie die Gruppengeschwindigkeitsdispersion und nicht die Abbe-Zahl sowie die partielle Dispersion das Designziel sind.
Weitere Informationen zur Gruppengeschwindigkeitsdispersion und deren Bedeutung für Ultrakurzpulslaseroptiken finden Sie in unserem Anwendungshinweis zur Dispersion bei Ultrakurzpulsen.
Modendispersion
Bei der Modendispersion handelt es sich um eine Abhängigkeit der Gruppengeschwindigkeit von Licht in einem Wellenleiter, z. B. in einer Mehrmodenfaser, von der optischen Frequenz und der Ausbreitungsmode.2 In optischen Kommunikationssystemen mit Mehrmodenfasern wird die erreichbare Datenübertragungsrate oder Bitrate dadurch erheblich eingeschränkt. Die Modendispersion kann durch Verwendung von Einmodenfasern oder Mehrmodenfasern mit einem parabolischen Brechungsindexprofil verhindert werden.
Polarisationsmodendispersion
Bei der Polarisationsmodendispersion handelt es sich um die Abhängigkeit der Ausbreitungseigenschaften des Lichts in einem Medium vom Polarisationszustand. Dies kann in Einmodenfasersystemen mit hohen Datenraten von Bedeutung sein. Alle drei Dispersionsarten können eine zeitliche Verbreiterung oder Kompression von ultrakurzen Pulsen in luftleerem Raum oder Glasfasern verursachen, sodass einzelne Pulse u. U. ineinander übergehen und unkenntlich werden (Abbildung 3).
Abbildung 3: Dispersion kann dazu führen, dass Laserpulse, die durch Fasern übertragen werden, so weit verbreitert werden, dass sie nicht mehr erkennbar sind.
Referenzen
1 Paschotta, Rüdiger. Encyclopedia of Laser Physics and Technology, RP Photonics, October 2017, www.rp-photonics.com/encyclopedia.html.
2 Ghatak, Ajoy, and K. Thyagarajan. “Optical Waveguides and Fibers.” University of Connecticut, 2000.
More Resources
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